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21. Januar 2021 — Neumayer Ethics Council

Von der Compliance zur Ethikkultur oder die Frage: „Was hat es/ES mit mir zu tun?“

Im Zuge der Globalisierungstendenzen der Produkt- und Finanzmärkte hat Compliance gerade - aber nicht nur - bei Finanzinstituten immer mehr an Bedeutung gewonnen, u.a. um Geldwäscheaktivitäten, Korruption und Interessenskonflikten entgegenzuwirken (BaFin BA54: Rundschreiben 10/2012 (BA), Modul AT 4.4.2 Compliance-Funktion). Finanzinstitute müssen Sorge dafür tragen, dass aus dem Unternehmen heraus keine Gesetzesverstöße erfolgen. Ist dies der Fall so machen sich Mitarbeiter, aber auch das Unternehmen selbst strafbar, da das Unternehmen für seine Mitarbeiter haftet. Die Nichteinhaltung von Regeln kann zu Unternehmensstrafen, Bußgeldern und somit zu erheblichen Gewinnminderungen führen. Mitarbeiter verpflichten sich beim Firmeneintritt  die bestehende Firmen-Compliance einzuhalten.    

Der Begriff Compliance ist heutzutage zu einem alltäglichen Begriff in der Geschäftswelt geworden. Aber was verbirgt sich hinter dem Begriff?
Das Wort Comliance kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt soviel wie: Einhaltung, Befolgung oder Regelkonformität. Ursprünglich wurde der Begriff in der Medizin verwendet, bevor er Einzug in die Geschäftswelt fand. In der Medizin bedeutet Compliance , die Absprache von Verhaltensmaßregeln zwischen Arzt und Patient im Rahmen einer Therapie. Der Begriff kann hier mit „Therapietreue“ wiedergegeben werden. 
Wie kann es nun sein, dass es trotz zahlreicher Vorschriften und Richtlinien immer wieder Verstöße gibt?  Was bewegt Manager den Compliance-Raum zu verlassen? Das ist eine Frage, die der Compliance-Officer nicht mehr beantworten kann, sondern eine ethische Dimension aufweist. Es stellt sich in einem weiteren Schritt unweigerlich die Frage: Wussten die Betroffenen nicht was sie tun oder haben sie mit Vorsatz gehandelt? Bei all dem Regelwerk müsste man annehmen, dass  die Beteiligten genau wissen, was zu tun ist. An diesem Punkt stoßen wir auf den Kern des Problems, der auf die Trias von ES (das Unternehmen), ICH (die Einzelperson) und WIR (alle Mitarbeiter) verweist. Compliance ist auf erster Ebene ein Produkt des ES. Das Regelwerk muss aber Anwendung finden und das bildet die zweite Ebene: Das Wechselspiel zwischen ES, ICH und WIR. Irgendwann stellt sich für Mitarbeiter die Frage: „Was hat es/ES mit mir zu tun?“ – das ist eine ethische Frage. Und je nachdem wie diese Frage beantwortet wird, entwickelt sich eine entsprechende innere Haltung des Einzelnen gegenüber dem Unternehmen. Idealerweise sind ES, ICH und WIR konform. Ist dies jedoch nicht der Fall, so werden immer wieder Probleme auftauchen. Dreh- und Angelpunkt ist die innere Haltung  des ICH und des WIR hin zum ES. Diese Haltung drückt sich auch nach außen - gegenüber Kunden  und der Gesellschaft - aus. Hier zeigt sich der Vorteil einer gut gelebte Unternehmenskultur oder –ethik,   die gepflegt und ständig vorgelebt werden muss.  Unternehmenskultur ist das Umfassen von ICH, WIR und ES. Professionelle Beratung und Schulung fördern die ethische Kompetenz von Entscheidungsträgern und führt zur Brückenbildung zwischen Wirtschaft und Ethik. Gewinnstreben und Ethik ergänzen sich so zu unternehmerischem Erfolg.        


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